Da dreht man sich im Kreis. Läuft unzählige Male drum herum. Wie auf dem Jahrmarkt. Als wäre ich dieses dünne Holzding, das mit jeder Umdrehung mit mehr Zuckerwatte umhüllt wird. Schicht um Schicht, dumpfer und dumpfer. Die Leute um mich herum nehme ich immer weniger wahr, bis ich schliesslich nicht einmal mehr mich selbst spüre.
Hallo du depressive Verstimmung. Jeder kennt sie, oder wird sie noch kennenlernen. Denn sie gehört zum Leben dazu. Doch was ist, wenn sie anfängt, das Leben zu bestimmen? Was, wenn die Zuckerwatte immer fetter, klebriger und schwerer wird? Man will nicht mehr auf dem Jahrmarkt sein, man will nach Hause, in die wohlvertraute Stube. Doch das geht nicht. Denn plötzlich bemerkst du, dass du dich auf dem Karussell befindest, auf dem schnellsten Pferd. Um dich herum blitzen die Lichter, die Menschen lachen und geniessen ihr Leben. Doch dir ist speiübel, aber das erlösende sich Übergeben können will nicht passieren.

Die Depression ist ein scheiss Jahrmarkt. Das Schreiben hilft mir, die Drehungen langsamer werden zu lassen–bis ich vom Gaul absteigen und mir die Zuckerwatte vom Körper streifen kann. Ein bisschen bleibt immer hängen. Aber das macht nichts. Schliesslich war die Watte nicht gratis.
Darum der Blog
Worte sind meine Leidenschaft. Egal ob geschrieben oder gesprochen, ich bin süchtig nach ihnen. Ich bin süchtig nach den Geschichten, die sie erzählen.
Worte haben die Macht, Nähe zu Menschen aufzubauen. Sie lassen uns Gefühle versinnbildlichen und so werden sie auch für Aussenstehende nachvollziehbar. Gerade bei der Depression sind die lähmenden Gefühlszustände für die „gesunden“ Menschen oft ein komisches Geheimnis. Dies will ich hiermit ändern. Ich nehme mir vor, offen von mein Leben, von meiner Depression und vom Wunderbaren zu reden.
Als Journalist erzählten mir die unterschiedlichsten Menschen ihre persönlichsten Geschichten. Sie lehrten mich, dass es Mut braucht, öffentlich über sich selbst zu reden. Und dass es befreiend sein kann, wenn dir jemand zuhört. In diesem Sinne: Danke, dass du diesen Text liest.
Darum der Fuchs
Mit etwa 16 Jahren machte ich zum ersten Mal Bekanntschaft mit meiner Depression. Ich sah keinen Ausweg aus diesem Gefühls-Kuddelmuddel, erkannte keinen Sinn und meine Lebensfreude schrumpfte drastisch. Zur selben Zeit behandelten wir im Literatur-Unterricht in der Schule die Geschichte des kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupery. Das Kapitel mit dem Fuchs faszinierte mich.
Ein kleiner Ausschnitt von dem, was der Fuchs dem kleinen Prinzen sagt:
«Siehst du dort die Weizenfelder? Ich esse kein Brot. Weizen ist für mich ohne Nutzen. Die Weizenfelder erinnern mich an nichts. Und das ist traurig! Aber du hast goldene Haare. Wie wunderbar es sein wird, wenn du mich gezähmt hast! Der goldene Weizen wird mich an dich erinnern. Und ich werde das Brausen des Windes durch den Weizen lieben …»
Es geht also darum, sich zähmen zu lassen. Aus dem Alltäglichem eine wunderbare Sache zu machen. Eine fast schon philosophische Aufgabe. Mein Fuchs (auf italienisch „volpe“) hilft mir dabei.

Hast du auch ein Tier, ein Symbol oder etwas Ähnliches, das dir Kraft spendet? Lass es mich in den Kommentaren wissen!